Fragen zu berufsbedingtem Asthma
Wie häufig tritt berufsbedingtes Asthma auf?
Alle Altersgruppen
Man geht davon aus, dass etwa 9 bis 15% der Asthmaerkrankungen bei Erwachsenen berufliche (Teil)-Ursachen haben. Als Asthma anerkannte Berufskrankheiten lassen sich zu 58% auf die Berufstätigkeit "Backwarenherstellung" und "Konditor" zurückführen. Pro Jahr sind dies etwa 2000 Personen, die ein sogenanntes "Bäckerasthma" entwickeln. Meist bedeutet diese Diagnose, dass die Betroffenen auf einen anderen Beruf umschulen müssen.
Junge Berufstätige
Jede elfte Berufskrankheit in der gewerblichen Wirtschaft findet sich bei jungen Berufstätigen unter 25 Jahren. Jährlich sind 2500 Menschen dieser Gruppe betroffen. In der Mehrzahl erkranken sie an allergischen Hauterkrankungen oder Atemwegserkrankungen. Vornehmlich betroffene Berufsgruppen sind Friseure, Bäcker, Köche, Konditoren (Bäckerasthma) sowie medizinische und pflegerische Berufe.
Was sind Berufskrankheiten?
Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung in der Berufskrankheiten-Verordnung als solche benennt und die man sich bei seiner Arbeit (versicherte Tätigkeit) zugezogen hat. Weitere wichtige Definitionskriterien sind, dass diese Erkrankungen nach Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen entstanden sind und dass die Betroffenen beruflich bedingt diesen Einwirkungen in erhöhtem Maße ausgesetzt sind.
Der Gesetzgeber entscheidet, welche Krankheiten in die Berufskrankheiten-Verordnung aufgenommen werden. Asthma gehört dazu. In der Berufskrankheiten-Verodnung werden auch die Voraussetzungen genannt, unter denen Asthma als Berufskrankheit anerkannt werden kann. Vorrangig kommen folgende Nummern der Berufskrankheitenliste in Betracht: BK-Nr. 4301, BK-Nr. 4302 und BK-Nr. 1315.
Die Definition von BK-Nr. 4301 lautet:
"Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive (atemwegsverengende) Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, für die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können." In der Definition von BK-Nr. 4302 wird die Passage "allergisierende Stoffe" durch "chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe" ersetzt, unter BK-Nr. 1315 durch Isozyanate.
Unter Ersteres fallen größtenteils Stoffe, die früher als "Reizgase" oder "Reizstoffe" bezeichnet wurden. Isozyanate sind chemische Verbindungen, denen man in der Industrie bei der Kunststoffherstellung ausgesetzt sein kann. Praktisch bedeuten diese Definitionen, dass eine Berufskrankheit immer dann vorliegt, wenn tatsächlich eine Substanz aus dem beruflichen Umfeld vorhanden ist, welche für die Asthmabeschwerden verantwortlich ist.
Was sind die häufigsten Asthma auslösenden Stoffe am Arbeitsplatz?
Folgende Substanzen können berufsbedingtes Asthma hervorrufen:
- Mehlstaub: Dabei handelt es sich um einen regelrechten "Allergencocktail". Die Allergie kann sich gegen die Getreidesorten (Weizen, Roggen, Hafer und Gerste) richten oder die Allergieauslöser können auch zugemischte Substanzen und ungewollt hinzukommende Stoffe sein. Dazu gehören Fermente, Schimmelpilze und Insekten (bsp. Kornkäfer). Betroffen: Bäcker, Müller, Konditoren, Getreidehersteller
- Latex Betroffen: Ärzte, Krankenhaus- und Praxispersonal
- Holzstaub Betroffen: Tischler, vor allem, wenn sie mit Edelhölzern, wie Teak und Mahagoni arbeiten.
- Labortiere: Betroffen: 3-10% aller Personen, die mit den Tieren Kontakt haben (bsp. Ratten, Mäuse, Kaninchen)
- Rohkaffee Betroffen: Arbeiter aus der Kaffee verarbeitenden Industrie und Hafenarbeiter, welche die Kaffeesäcke transportieren
- Bestimmte Fermente (= proteolytische F.) bei der Waschmittelherstellung Betroffen: Arbeiter in der Waschmittelproduktion, selten auch Hausfrauen und Hausmänner
- Kolophonium (= Rückstand aus der Terpentinölproduktion) Betroffen: Arbeiter aus der Elektroindustrie
- Kunstharze (Epoxidharzderivate) Betroffen: Arbeiter in der Farben- und Kunststoffindustrie
- Isozyanate Betroffen: Arbeiter in der chemischen Industrie
- Platinsalze: Betroffen: Arbeiter, die Katalysatoren herstellen
Was ist bei Verdacht auf berufsbedingtes Asthma zu tun?
- Tragen Sie Ihre Beschwerden und Ihren Verdacht Ihrem Hausarzt oder Lungenfacharzt vor. Verdachtsmomente können sein, wenn Sie Beschwerden vor allem während der Arbeit haben, diese sich jedoch am Wochenende oder im Urlaub bessern.
- Liegt der Verdacht nahe, dass es sich um eine Berufskrankheit handelt, so erfolgt eine Meldung an die zuständige Berufsgenossenschaft. Die Meldung kann von folgenden Personen oder Institutionen durchgeführt werden: dem behandelnden Arzt, dem Arbeitgeber, der Krankenkasse oder durch Sie selbst.
- Die Berufsgenossenschaft prüft dann durch Arbeitsplatzuntersuchungen und medizinische Gutachten, ob die wesentliche Ursache der Erkrankung berufsbedingt ist.
- Der Rentenausschuss der Berufsgenossenschaft entscheidet dann darüber, ob es sich um eine Berufskrankheit handelt.
Wie erfolgt die Diagnostik des Berufsasthmas?
Bei Verdacht auf Berufsasthma wird zur diagnostischen Abklärung nach einem bestimmten Ablauf verfahren. Zunächst erfolgt die Anamnese (Fragebogen), Hauttestung und spezifische IgE-Testung (falls für den sensibilisierenden Arbeitsstoff verfügbar). Dann wird eine unspezifische Provokationstestung (bsp. mit Metacholin), möglichst am Ende einer Arbeitswoche nach mindestens zwei Wochen mit relevantem Kontakt (Exposition) zum vermutlich auslösenden Stoff vorgenommen. Fällt dieser Test negativ aus, so handelt es sich meist um kein Asthma. Ausnahme kann hier das Isocyanatasthma sein. Fällt der Test positiv aus, so sind zwei Vorgehensweisen in Kombination oder allein möglich: Provokationstestung unter Laborbedingung sowie Patientenlungenfunktions-Monitoring.
Die Provokationstestung unter Laborbedingungen erfolgt mit dem angeschuldigten Arbeitsstoff (-extrakt). Fällt dieser Test positiv aus, ist Berufsasthma wahrscheinlich. Fällt er negativ aus, so greift man auf die Lungenfunktionsdiagnostik am Arbeitsplatz im Vergleich zu Tagen ohne Exposition zurück. Finden sich hier verdächtige Werte, so ist Berufsasthma ebenfalls wahrscheinlich. Sind die Werte unverdächtig, so handelt es sich wahrscheinlich nicht um berufsbedingtes Asthma.
Allein das elektronische Lungenfunktions-Monitoring (bsp. Lungenfunktionsuntersuchung mithilfe eines elektronischen Kleinspirometers, Peak Flow-Messung) durch den Patienten selbst kann beweisführend sein. Diese Messungen erstrecken sich mindestens über einen Zeitraum von drei Wochen und werden sowohl bei der Arbeit, als auch in der Freizeit durchgeführt. Bei unverdächtigen Werten ist von nicht berufsbedingtem Asthma auszugehen. Bei verdächtigen Werten wird auch eine Lungenfunktionsdiagnostik am Arbeitsplatz im Vergleich zu Tagen ohne Exposition durchgeführt. Bei verdächtigen Werten ist Berufsasthma wahrscheinlich, bei unverdächtigen Werten ist das nicht der Fall.
Wie sieht der Verlauf, die Prognose und Therapie bei berufsbedingtem Asthma aus?
Bei den meisten Menschen, bei denen sich Berufsasthma entwickelt, beginnt die Erkrankung, nachdem sie ein bis zwei Jahre dem auslösenden Stoff ausgesetzt waren. Jedoch kann diese Zeit (= Latenzperiode) auch länger sein. Bei allergischen Auslösern beobachtet man oft, dass den asthmatischen Beschwerden heuschnupfenähnliche Symptome vorausgehen.
Die Prognose des Berufsasthmas ist oft ungünstig. Bei etwa 70% der Patient kommt es weiterhin zu Beschwerden, obwohl sie nicht mehr dem verursachenden Stoff ausgesetzt sind. Vielfach bleibt eine unspezifische Atemwegsüberempfindlichkeit bestehen.
Die Therapie erfolgt nach dem 4-Stufentherapieschema, das auch bei den anderen Asthmaformen angewendet wird, die nicht durch den Beruf verursacht wurden.
Gewarnt werden muss bei Verdacht auf beruflich bedingtes Asthma vor einer überstürzten Arbeitsaufgabe. Man sollte unbedingt eine vollständige und sorgfältige Abklärung der Ursachen abwarten.
Wie geht es weiter, wenn berufsbedingtes Asthma vorliegt?
Nachdem die Asthmaerkrankung als Berufskrankheit anerkannt wurde, erbringen die Berufsgenossenschaften bestimmte Leistungen. Sie handeln dabei nach folgenden Prinzipien:
- Prävention (Vorbeugung) vor Rehabilitation (medizinische Versorgung und Wiedereingliederung in den beruflichen Alltag),
- Rehabilitation vor Rente.
Das Instrument der Vorbeugung von Berufsasthma ist die Minimierung der Asthma auslösenden Stoffe am Arbeitsplatz. In diesem Zusammenhang haben sich beispielsweise bei Bäckerasthma fallweise sogenannte Gesundheitsseminare bewährt - (vornehmlich bei Personen, die unbedingt in ihrem Beruf bleiben wollen). Die Betroffenen werden hier nicht nur über die Behandlung mit den geeigneten Medikamenten aufgeklärt, sondern auch über berufsspezifische Hygienemaßnahmen, Atemschutzgeräte oder über Möglichkeiten in Bezug auf die Anpassung betrieblicher Arbeitstechniken.
Bei der Rehabilitation nutzen die Berufsgenossenschaften alle Möglichkeiten, um die Erkrankung zu behandeln (ambulante und stationäre Heilbehandlung). Oft ist jedoch eine berufliche Rehabilitation nötig, die in Form von Aus-, Fort- und Weiterbildungen oder Umschulungen gewährt wird. Um die Erkrankten in das Erwerbsleben zurückzuführen, hilft es oft nur, wenn der Betroffene von einem gefährdeten Arbeitsplatz auf einen nicht belasteten versetzt wird.
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 26.11.2009