Asthma und "Kinderkriegen"
Fragen zu folgenden Themen werden in diesem Artikel behandelt:
- Gibt es krankheitsbedingte Probleme, wenn Sie sich Kinder wünschen?
- Was muss ich in der Schwangerschaft beachten? Darf ich Kortison nehmen? Welche Mittel darf ich überhaupt nehmen?
- Wie sieht die Überwachung während der Schwangerschaft und Geburt aus?
- Wie werden Asthmaanfälle während der Schwangerschaft oder Geburt behandelt?
- Was muss ich in der Zeit nach der Geburt beachten?
- Welche Asthmamittel darf ich in der Stillzeit nehmen, welche nicht?
- Beeinflussen die Asthmamittel die Wirkung der Pille oder die sexuelle Lust?
Asthma und Kinderwunsch
Asthma stellt kein Hindernis für eine Schwangerschaft dar. Weder Mutter noch Kind sind bei einer regelmäßigen Vorsorge einem erhöhten Risiko ausgesetzt. Die medikamentöse Therapie muss während der Schwangerschaft und Stillzeit jedoch unbedingt fortgesetzt werden. Nur durch die Beendigung der Asthmabehandlung schadet man seinem Kind wirklich. Folgende Komplikationen sind bei der Mutter im Falle einer ungenügenden Therapie möglich: Präeklampsie (=EPH-Gestose, "Schwangerschaftsvergiftung"), Bluthochdruck, Hyperemesis (übermäßiges Schwangerschaftserbrechen) und vaginale Blutungen. Beim Ungeborenen können folgende Komplikationen auftreten: Wachstumsverzögerung im Mutterleib, geringes Geburtsgewicht, Hypoxie (Sauerstoffmangel), Frühgeburt und eine erhöhte perinatale (= Zeit um die Geburt herum) Sterblichkeit.
Asthma und Schwangerschaft
Von 100 schwangeren Frauen leidet ungefähr eine an Asthma. Bei den meisten schwangeren Frauen bleibt das Asthma in dieser Zeit stabil oder bessert sich sogar. Bei etwa einem Fünftel der Schwangeren verschlechtert sich die Erkrankung. Ziel der Asthmabehandlung in der Schwangerschaft ist es, die Erkrankung zu kontrollieren und schwere Asthmaattacken zu vermeiden. Folgende Verhaltensregeln helfen dabei:
- Führen Sie die Asthmabehandlung wie gehabt fort (inhalative Glukokortikoide, Beta-2-Mimetika, Theophyllin (Grenze unten) und Leukotrienrezeptor-Antagonisten). In der Schwangerschaft gelten die gleichen Behandlungsregeln wie für nicht schwangere Asthmatiker (Medikamentenausnahmen siehe unten).
- Vernachlässigen Sie nicht eine konsequente entzündungshemmende Vorsorgebehandlung. Vorzugsweise sollten dazu inhalative Kortikosteroide eingesetzt werden.
- Ergänzen Sie diese Maßnahmen bei Bedarf mit einem Beta-2-Mimetikum (Rettungsspray).
- Theophyllin kann in einer Serumkonzentration bis 15 Milligramm pro Liter eingenommen werden. Regelmäßige Blutspiegelkontrollen sind aber unbedingt erforderlich.
Es gibt auch eine Reihe von Medikamenten, die in der Schwangerschaft gemieden werden sollten. Entweder liegen über diese keine ausreichenden Erfahrungsberichte in diesem Lebensabschnitt vor oder sie schädigen das Ungeborene.
Gemieden werden sollten:
Bronchien erweiternde Medikamente:
- Leukotrienhemmer Montelukast (keine Erfahrungen)
- Lipoxygenasehemmer (nicht in Deutschland zugelassen)
- Adrenalin
Entzündungshemmende Mittel:
- Ketotifen
- Cyclosporin (keine Erfahrungen)
- Methotrexat
Antibiotika (bei eitriger Bronchitis oder Lungenentzündung)
- Tetrazyklin
- Sulfonamide
- Gyrasehemmer
Im Gegensatz zu diesen Medikamenten haben inhalative Kortikosteroide keinen ungünstigen Einfluss auf den Verlauf der Schwangerschaft, die Entwicklung des Kindes oder die Geburt. Sie können daher in der Schwangerschaft verabreicht werden. Die meisten Erfahrungen hat man mit Beclometasondipropionat. Anzustreben ist eine Tagesdosis, die 2000 µg möglichst nicht überschreitet.
Orale Kortikosteroide (Kortisontabletten) sollten - wenn immer möglich - bereits vor der Schwangerschaft auf orale Kortikoide umgestellt werden. Bei schwerem Asthma der Mutter dürfen aber auch die oralen Kortikoide - bei entsprechender Indikation - der Frau nicht vorenthalten werden. Orale Kortikoide werden als kritisch in der Schwangerschaft angesehen, da sie das Wachstum des Ungeborenen beeinträchtigen können. Inhalative Beta-2-Sympathomimetika dürfen nicht überdosiert werden, da es sonst zu krankhaften Veränderungen am Herzen des Ungeborenen kommen kann. Eine spezielle Immuntherapie (Hyposensibilisierung) sollte man in der Schwangerschaft nicht beginnen, sie kann aber während dieser Zeit fortgesetzt werden.
Beratung und Kontrolluntersuchungen
Zu Beginn der Schwangerschaft sollten Asthmatikerinnen ein ärztliches Beratungsgespräch führen. Eines der Ziele dieser Beratung ist eine optimale Asthmaeinstellung. Die Schwangere wird zudem über die Bedeutung der Fortführung der Asthmatherapie - gerade in Schwangerschaft - aufgeklärt. Die schwangere Asthmatikerin sollte dabei mit einem schriftlichen Therapieplan ausgestattet werden, der folgende Punkte enthält:
- Medikation bei abweichenden Peak-flow-Werten,
- Maßnahmen während eines Anfalls und
- an wen sie sich jederzeit wenden kann.
Außerdem wird die Patientin darüber aufgeklärt, wann sie unbedingt sofort einen Arzt oder Krankenhaus aufsuchen muss. Dies ist der Fall, wenn Folgendes zutrifft:
- die Behandlung nicht wirkt,
- der Behandlungserfolg nicht anhält,
- die Beschwerden stärker werden,
- die Kindsbewegungen abnehmen.
Als Vorsorge sind folgende Untersuchungen für die Schwangere zu empfehlen:
- Spirometrie zu Beginn der Schwangerschaft und bei Einschränkung der Lungenfunktion in mindestens vierwöchigen Abständen. Wie oft die Untersuchung erfolgt, hängt vom Schweregrad der Erkrankung ab. Peak Flow, forciertes Einsekundenvolumen (FEV1) und Atemwegswiderstand (Raw) sind die entscheidenden Größen, um die Schwere des Asthmas zu beurteilen.
- Arterielle Blutgasanalyse: Sie dient dazu, um die Gefährdung des Ungeborenen und der Mutter zu beurteilen.
- tägliche Peak-flow-Messungen und Dokumentation in Peak-flow-Protokollen: Sie helfen, Verschlechterungen der Erkrankung frühzeitig zu erkennen und die Behandlung dann rechtzeitig anzupassen.
Als Vorsorgeuntersuchungen des Ungeborenen werden folgende Untersuchungen empfohlen:
- Ultraschalluntersuchungen in jedem Schwangerschaftsdrittel zur Beurteilung des Wachstums;
- Beobachtungen der Herztöne und Bewegungen.
Im Allgemeinen sind im letzten Schwangerschaftsdrittel wöchentliche Untersuchungen ausreichend. Die Abstände sollten aber verkürzt werden, falls eine Gefährdung zu befürchten ist. Bei schwerem Asthma wird eine kontinuierliche Überwachung des Ungeborenen empfohlen. Ist das Asthma schlecht einstellbar, so sollte die Schwangere gemeinsam in enger Abstimmung von ihrem Lungenfacharzt und Gynäkologen betreut werden.
Asthma - Wehen und Geburt
Während der Wehen und Geburt wird der Herzschlag des Kindes kontinuierlich überwacht. Ist das mütterliche Asthma stabil, kann auf eine ununterbrochene Überwachung sogar verzichtet werden. Bei der werdenden Mutter wird beim Eintreffen in der Entbindungsklinik die Lunge untersucht und der PEF-Wert ermittelt. Gegebenenfalls wird der Wert im Kreißsaal regelmäßig überprüft. Nach der Geburt erfolgen weitere Messungen über einen Zeitraum von zwölf Stunden. Während der Wehen und in der Geburtsphase erhält die Schwangere die reguläre Asthmamedikation. Bei einer Sauerstoffsättigung unter 95% wird Sauerstoff gegeben. Wenn sich Asthmabeschwerden einstellen und der PEF-Wert abfällt, erfolgt nach adäquaten Behandlungsmaßnahmen eine häufigere Ermittlung der Werte. Sinnvoll ist auf jeden Fall eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und effektive Schmerzbekämpfung während der Wehen und Geburt, da das Risiko einer Bronchienverkrampfung dadurch vermindert wird. Fragen Sie gezielt danach.
Asthmaanfälle während der Schwangerschaft
Der Asthma-Anfall während der Schwangerschaft wird medikamentös genauso behandelt, wie bei nicht schwangeren Asthmatikerinnen. Ein schwerer Anfall in der Schwangerschaft stellt einen Notfall dar und muss im Krankenhaus behandelt werden. Wesentliches Behandlungselement ist die frühzeitige Therapie mit Sauerstoff. Eine Sauerstoffsättigung der Schwangeren von mehr als 95 Prozent (pulsoxymetrisch) sollte aufrecht gehalten werden.
Schwere Asthma-Anfälle während der Geburt sind selten.
Asthma und die Zeit nach der Geburt
In der Zeit nach der Geburt sollte man trotz aller Anstrengungen darauf achten, dass das Asthma nicht außer Kontrolle gerät. Da sich bei einigen Frauen die Aktivität des Asthmas in der Schwangerschaft verändert und sie evtl. ihre Medikamente reduzieren konnten, kann es jetzt nötig sein, wieder die ursprünglich nötigen Medikamente einzunehmen. Wenn man dies weiß, kann man sich darauf einstellen.
Asthma und Stillen
Es gibt Medikamente, die in die Muttermilch übertreten und die Gesundheit des Säuglings beeinträchtigen können, andere wirken sich nicht negativ auf das Kind aus, wenn die Mutter sie einnimmt.
Erlaubte Medikamente sind:
- Inhalatives Kortison (bsp. in Viani®, Alvesco®, Pulmicort®, Symbicort®)
- Beta-2-Mimetika (in Viani®, Berotec®, Symbicort® usw.)
- Cromoglicinsäure (in Aarane®)
In der Stillzeit sollten folgende Mittel vermieden werden:
- Antihistaminika (beeinträchtigen den Schlaf des Säuglings und machen ihn reizbar, reduzieren die Bildung von Muttermilch);
- Theophyllin (kann den Säugling reizbar machen);
- Leukotrienhemmer Montelukast (Singulair®), (keine Erfahrungen);
- Anti-IgE-Antikörper Omalizumab (Xolair®), (keine Erfahrungen)
Absolut verboten sind:
- Tetrazykline (Antibiotikum)
- Sulfonamide (Antibiotikum)
- Gyrasehemmer (Antibiotikum)
- Methotrexat (Immunhemmer)
- Cyclosporin (Immunhemmer).
Asthmamittel und "Pille"
Auch Asthmatikerinnen steht dieses sichere Verhütungsmittel zur Verfügung. Die Pille beeinflusst nicht die Wirkung der Asthmamedikamente. Auch setzen die Asthmamedikamente nicht die empfängnisverhütende Wirkung der Pille außer Kraft.
Asthma und Sex
Die Asthmamittel beeinflussen nicht die Libido. Aufgrund der Dauermedikamente, die morgens und/oder abends eingenommen werden, dürften keine Probleme auftreten. Vielmehr hat Geschlechtsverkehr einen entspannenden und seelisch ausgleichenden Effekt, der sich eher positiv auf die Asthmaerkrankung auswirkt. Sollten sich dennoch Atemnot oder andere Beschwerden einstellen, so hilft das gleiche Vorgehen wie bei sportlicher Betätigung: Man kann vorsorglich ein oder zwei Hub seines kurzwirksamen Beta-2-Mimetikums einnehmen oder eine Tablette des Leukotrien-Rezeptorantagonisten Montelukast (bsp. Singulair®). Beide Mittel können auch zusammen prophylaktisch angewendet werden.
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 26.11.2009