Management des Asthma-Anfalls beim Erwachsenen
Hinsichtlich der Symptome und der Therapie unterscheidet man verschiedene Formen des Asthma-Anfall: der leichte und mittelschwere Asthma-Anfall sowie der schwere Asthma-Anfall.
Was sind die Symptome des leichten und mittelschweren Asthmaanfalls?
- Der PEF-Wert liegt über 50 Prozent des Bestwertes,
- die Sprache ist normal,
- die Atemfrequenz liegt unter 25 Atemzügen pro Minute,
- die Herzfrequenz liegt unter 110 Schlägen pro Minute.
Wie leitet man die Therapie beim leichten bis mittelschweren Asthmaanfall ein?
- durch 2 - 4 Inhalationen mit einem rasch wirksamen Beta-2-Sympathomimetikum (bsp. Salbutamol MDI + Spacer); ggf. nach 10 -15 Minuten wiederholen,
- durch die Einnahme oder Injektion von 25 - 50 Milligramm Prednisolonäquivalent (= Kortisonmittel),
- durch Selbsthilfetechniken, wie eine atemerleichternde Körperstellung (sitzend, Unterarme unterlagert) und Lippenbremse.
Der Einsatz von Theophyllin in der ambulanten Therapie wird als kritisch eingestuft (geringe Wirksamkeit und geringe therapeutische Breite).
Was sind die Symptome des schweren Asthma-Anfalls?
- Der PEF-Wert liegt unter 50 Prozent des Bestwertes,
- das Sprechen ist stark erschwert; pro Atemzug sind nur Satzteile oder Worte möglich,
- die Atemfrequenz liegt bei oder über 25 Atemzügen pro Minute,
- die Herzfrequenz liegt bei oder über 110 Schlägen pro Minute.
Wie leitet man die Therapie beim schweren Asthmaanfall ein?
- durch 2 - 4 Inhalationen eines rasch wirksamen Beta-2-Sympathomimetikums (bsp. Salbutamol MDI + Spacer); in 10 -15 minütigen Intervallen wiederholen,
- durch die intravenöse Gabe von 50 - 100 Milligramm Prednisolonäquivalent (= Kortisonpräparate),
- durch Selbsthilfetechniken: atemerleichternde Körperhaltung (sitzend, Unterarme unterlagert),
- durch Gabe eines Beta-2-Sympathomimetikums parenteral (= unter Umgehung des Darms, injizieren) (bsp. Terbutalin 0,25 - 0,5 Milligramm s.c. (= subkutan = unter die Haut spritzen), gegebenenfalls Wiederholung in vier Stunden),
- Notarzt verständigen bzw. umgehende Einweisung in ein Krankenhaus mit ärztlicher Begleitung in Intubationsbereitschaft (= Möglichkeit einer künstlichen Beatmung),
- durch Sauerstoffgabe von 2 - 4 Litern pro Minute über Nasensonde (Atmung beachten). Die Sauerstoffversorgung (= Aufrechterhaltung eines adäquaten Sauerstoffpartialdrucks) ist eine der wesentlichen Elemente in der Akutbehandlung des Asthma-Anfalls.
- Während des Transportes in die Klinik besteht die Therapie aus Sauerstoffgabe und Inhalation eines Beta-2-Mimetikums durch einen Vernebler.
Welche Hinweise deuten auf eine lebensbedrohliche Situation hin?
- Der PEF-Wert liegt unter 33 Prozent des Soll-/Bestwertes bzw. der PEF ist geringer 100 Liter pro Minute;
- Die arterielle Sauerstoffsättigung (SaO2) ist geringer als 92 Prozent oder der Sauerstoffpartialdruck (PaO2) ist geringer als 8 Kilopascal bzw. 60mmHg. (Beide Größen stehen miteinander in Zusammenhang.) Gemessen wird die arterielle Sauerstoffsättigung bsp. mit einem Pulsoxymeter ("Fingerclip") oder mithilfe einer Blutentnahme.
- Der Partialdruck des Kohlendioxids im arteriellen Blut (PaCO2) ist normal oder erhöht (Der Normbereich liegt zwischen 4,6 - 6 Kilopascal (kPa) bzw. 34,5 - 45 mmHg).
- Es sind keine Lungengeräusche mehr wahrnehmbar ("stille Lunge").
- Die Atmung ist flach, es wird zwar geatmet, aber der Sauerstoff kommt nicht richtig in der Lunge an (frustrane Atemarbeit).
- Man kann eine Blaufärbung der Haut, Lippen und Fingernägel beobachten (Zyanose).
- Der Herzschlag fällt auf unter 60 Schläge pro Minute (Bradykardie) oder der Blutdruck fällt ab (arterielle Hypotension = systolischer arterieller Blutdruck < 90 mmHg oder mittlerer arterieller Blutdruck < 70 mmHg).
- Weitere Anzeichen sind Erschöpfung, Konfusion oder Koma.
Was sind weitere Therapiemaßnahmen im Krankenhaus, wenn der Patient auf die bisherigen Maßnahmen (= Initialtherapie) nicht anspricht?
- Sauerstoffgabe (2 - 4 Liter pro Minute) über eine Nasensonde (Atmung dabei beachten, ev. bei überschießenden Sauerstoffzufuhr Atemdepression),
- Beta-2-Sympathomimetikum parenteral verabreichen: bsp. Reproterol 0,09 Milligramm (= 1 Ampulle) langsam intravenös injizieren, eine Wiederholung ist nach 10 Minuten möglich. Weiterhin kann Reproterol auch mit dem Perfusor (Spritzenpumpe) verabreicht werden.
- Gabe von Ipratropiumbromid (0,5 mg) durch Vernebelung;
- Intravenöse Gabe (= direkt in die Blutbahn) von 50 - 100 Milligramm Prednisolonäquivalent (= Kortisonpräparate) in vier- bis sechsstündigen Abständen.
- Bei der Therapie mit Theophyllin erfolgt zuerst eine Bestimmung des Gehalts im Blutserum, daran wird die Dosis angepasst. Es kann sonst zu einer Vergiftung kommen. Die Dosierung sieht folgendermaßen aus: Eine Initialdosis von 5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht wird als Kurzinfusion intravenös gegeben. Die Erhaltungsdosis beträgt 0,5 - 0,7 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Stunde.
- Auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist zu achten.
- Selbsthilfetechniken sollten weiterhin angewendet werden: atemerleichternde Körperhaltung im Sitzen mit untergelagerten Unterarmen.
Was muss man noch bei der Behandlung beachten?
- Bei einem schweren Asthmaanfall kann eine Kombinationstherapie aus einem Beta-2-Mimetikum und einem Anticholinergikum besonders wirksam sein. Demgegenüber kann die Behandlung mit einem Anticholinergikum allein nicht ausreichend sein.
- Wird mit einem Beta-2-Mimetikum behandelt, bewirkt die zusätzliche intravenöse Gabe von Theophyllin oft keine stärkere Erweiterung der Bronchien. Es besteht vielmehr das Risiko von mehr unerwünschten Nebenwirkungen.
- Beim schweren Asthma-Anfall kann die intravenöse Gabe (= direkt in die Blutbahn) von Magnesiumsulfat (2 Gramm) die Lungenfunktion verbessern.
Welche Mittel sollten möglichst bei der Behandlung des Asthma-Anfalls nicht eingesetzt werden oder möglichst vermieden werden?
- Sedativa (Beruhigungsmittel) (Atemdepression!)
- Mukopharmaka (Schleimlöser) verstärken evtl. den Husten;
- Zufuhr von großen Flüssigkeitsmengen vermeiden (führt zur Herzbelastung, besonders bei älteren Patienten).
- Antibiotika (Asthma-Anfälle sind nur ausnahmsweise durch bakterielle Infektionen bedingt. Die Antibiotikatherapie ist aber sinnvoll, wenn gleichzeitig eine Lungenentzündung oder eine bakterielle Infektion der Atemwege vorliegt).
Wann ist eine intensivmedizinische Überwachung/Behandlung, ggf. eine mechanische Beatmung nötig sein?
- wenn sich die PEF-Werte trotz Therapie nicht bessern;
- bei unverändert bestehendem oder zunehmendem Sauerstoffmangel im Blut (Hypoxämie; Sauerstoffpartialdruck unter 70 mmHg = (Millimeter Quecksilbersäule, Druckeinheit)),
- bei Hyperkapnie: Dabei handelt es sich um einen erhöhten Kohlenstoffdioxidgehalt im Blut (Ab einem Kohlendioxidpartialdruck von größer 45 mmHg spricht man von Hyperkapnie);
- bei einer Azidose (Übersäuerung, fallender arterieller pH-Wert);
- bei Erschöpfung
- bei Bewusstseinsstörungen und Konfusion
- im Falle eines Komas oder bei Atemstillstand.
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 26.11.2009