Steckbrief Asthma bronchiale
Definition
Unter Asthma oder Asthma bronchiale versteht man eine Lungenerkrankung mit hochgradiger Atemnot, die anfallsweise auftritt. Charakteristische Merkmale sind eine anhaltende (chronische) Entzündung der Atemwege, ihre Verengung (Bronchokonstriktion) und die Überempfindlichkeit (= bronchiale Hyperreagibilität) der Atemstrukturen gegenüber zahlreichen Faktoren unserer Umwelt.
Die Engstellung der Bronchien wird durch mehrere Faktoren bedingt. Dazu zählen:
- die Entzündung der Atemwege in Verbindung mit einer Schwellung der Schleimhaut (Schleimhautödem): Die Bronchien sind innen von einer Schleimhaut umgeben, deren Aufgabe es ist, eingeatmete Schadstoffe unschädlich zu machen. Beim Asthmatiker ist diese Schleimhaut entzündet und schwillt dadurch an und verkleinert somit den inneren Durchmesser.
- eine übersteigerte Sekretion von Atemwegsschleim: Normalerweise produziert die Schleimhautschicht Schleim, um darin Staubpartikel abzufangen, die über die Flimmerhärchen und Husten nach außen transportiert werden. Die entzündete Schleimhaut, die beim Asthmatiker vorhanden ist, produziert zu viel Schleim und auch zähen Schleim, welcher schlecht abgehustet werden kann. Die Folge ist eine Ansammlung von Schleim in den kleinen Atemwegen (Mukostase), welcher die Atmungsorgane weiter verschließt oder verstopft.
- die Muskeln der Bronchien verkrampfen sich (Bronchospasmus): Beim Asthmatiker reagieren die Muskeln, welche die Atemwege umgeben, zu heftig und verengen damit die Atemwege.
- die Bildung eines Bindegewebsmantels um die Atemwege.
Häufigkeit
Asthma ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen. In Deutschland sind circa 10 Prozent der kindlichen und 5 Prozent der erwachsenen Bevölkerung betroffen. Damit liegt Deutschland in Europa etwa im Mittelfeld.
Die Erkrankungshäufigkeit nimmt - wie die anderer allergischer Erkrankungen - sehr stark zu. So stieg die Krankheitshäufigkeit in den USA von 1982 bis 1992 um 40 bis 50 Prozent an.
In Europa gibt es rund 30 Millionen Asthmatiker. Dank geeigneter Medikamente und adäquater Behandlung können rund 70% von Ihnen gut mit ihrer Therapie leben. 1,5 Millionen Europäer leiden jedoch an schwerem Asthma und haben mindestens einmal in der Woche einen bedrohlichen Anfall.
In Westeuropa stirbt noch immer ein Mensch pro Stunde an Asthma (dpa-Meldung 2005 anlässlich des Welt-Asthmatages).
In Deutschland liegt die Sterblichkeitsrate bei 4-8 von 100.000 Einwohnern pro Jahr. Ungefähr 90 Prozent der Todesfälle könnten durch bessere Aufklärung und Behandlung vermieden werden.
Wirtschaftliche Bedeutung
Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Atemwegserkrankung ist groß. Laut einer konservativ ausgerichteten Krankheitskosten-Analyse wurde ein Gesamtbetrag von 2,6 Milliarden Euro pro Jahr ermittelt.
Dabei schlagen die Krankheitskosten für Kinder und Erwachsene mit mittelschwerem allergischen Asthma mit 2.200 bzw. 2.700 Euro pro Jahr zu buche; bei schwerem allergischen Asthma rechnet man mit 7.900 bis 9.300 Euro pro Patient und Jahr.
Die Kosten für die vielfach schwereren Krankheitsverläufe nicht-allergischer Krankheitsformen dürften noch höher zu veranschlagen sein.
Ursachen
Die Ursachen für die überempfindlichen Atemwege des Asthmatikers, die zu einer Entzündung der Bronchialschleimhaut führen, sind in absteigender Häufigkeit:
- Allergien gegenüber bestimmten Stoffen aus der Natur, die meist inhaliert (eingeatmet) werden. Dabei sind die Spitzenreiter Pollen und der Kot der Hausstaubmilben. Auch Allergien gegen Tierhaare, Latex, Nahrungsmittel (bsp. Mehlstaub) oder Heu führen zur Schleimhautschwellung;
- durch Viren hervorgerufene Atemwegsinfektionen;
- die Inhalation von chemischen Substanzen, welche die Atemwege irritieren.
Eine der Hauptursachen für Asthma ist eine Allergie. Allergiker haben eine erhöhte Bereitschaft, bestimmte Antikörper (= körpereigene Eiweißstoffe der Immunabwehr), sogenannte IgE-Antikörper, zu bilden. Diese Antikörper bedingen über eine Reihe von Reaktionen die allergische Reaktion; im Falle des Asthmas die Schwellung der Bronchialschleimhaut.
Bei den sogenannten atopischen (= allergisch bedingten) Erkrankungen, zu denen auch Asthma zählt, leiden die Kinder von Allergie geplagten Eltern häufig auch an Allergien. Bei Bronchialasthma gilt es als gesichert, dass eine erbliche Veranlagung an die Kinder weitergegeben wird.
Leiden beide Elternteile an einer allergisch bedingten Erkrankung, so erkranken ihre Kinder in 50 Prozent der Fälle auch an einem solchen Leiden. Ist nur ein Elternteil betroffen, so geht man von einer Erkrankungswahrscheinlichkeit von etwa 30 Prozent aus. Sind in der Familie keine allergisch bedingten Erkrankungen bekannt, so bleibt dennoch ein Erkrankungsrisiko von 10 bis 15 Prozent.
Ob ein Mensch Asthma entwickelt, hängt nicht nur von seiner genetischen Veranlagung ab, sondern auch von umweltbedingten Größen. Man nimmt an, dass folgende Faktoren eine Rolle spielen: die Häufigkeit, mit der man einem Allergie auslösenden Stoff ausgesetzt ist (Allergenexposition), virale Infekte (besonders der Atemwege), Umweltfaktoren, wie Zigarettenrauch, Ozon und Dieselpartikel; zudem die Anzahl der Geschwisterkinder und der sogenannte sozioökonomische Status (je niedriger dieser ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, die Krankheit zu entwickeln.)
Einen gewissen Allergie schützenden Effekt hat das Aufwachsen auf einem Bauernhof mit direktem Kontakt zu Stalltieren. An diesen Beobachtungen setzen neuere Forschungen zur Asthmaprävention an.
Auslöser
Die Auslöser oder Trigger der Atemwegserkrankung können in zwei Kategorien eingeteilt werden. Zur ersten Gruppe gehören die eigentlichen Ursachen der Erkrankung, also die Allergene. Die Wichtigsten in der Natur sind Hausstaubmilbenkot, Pollen und Tierhaare; am Arbeitsplatz Mehlstaub (= Allergencoktail => Allergie gegen Getreide, Schimmelpilze, Fermente) oder Heu.
In die zweite Gruppe gehören Substanzen, die erst auf der Grundlage einer bestehenden Asthmaerkrankung zu Auslösern werden. Hierzu zählen aktives und passives Rauchen, Staub, Reizgase, Kaltluft, Nebel, schwüle drückende Hitze und intensive Gerüche. Weitere Auslöser dieser Gruppe sind Anstrengung, Infektionen der Atemwege sowie psychische, emotionale bzw. seelische Belastungen.
Symptome
Die Hauptbeschwerden bei Asthma sind:
- Engegefühl in der Brust („Gefühl der eisernen Faust“ oder des „Knotens in der Luftröhre“,
- Kurzatmigkeit bis hin zu schwerer und lebensbedrohlicher Luftnot,
- Husten mit Auswurf eines zäh-glasigen Schleims,
- pfeifendes oder brummendes Atemgeräusch (Giemen über der Lunge).
Diese Symptome treten charakteristischerweise immer wieder auf. Sie sind durch Phasen der Beschwerdefreiheit charakterisiert. Bevorzugt kommt es zu Beschwerden:
- in rauchiger Umgebung,
- an nebligen und nasskalten Tagen,
- beim Sport,
- in der Nacht.
Diagnose
Die Diagnose der Atemwegserkrankung stützt sich auf fünf Grundpfeiler:
- das ausführliche Patientengespräch mit Fragen zu allergischen Erkrankungen in der Familie, Lebensgewohnheiten, Belastungen am Arbeitsplatz und natürlich den aktuellen Beschwerden.
- die körperliche Untersuchung und der Allergietest: Hier achtet der behandelnde Mediziner darauf, ob der Patient unter einer allergischen Bindehautentzündung oder Nasenschleimhautentzündung leidet. Sehr wichtig sind zudem das Abhören der Lunge (Giemen, Brummen) und die Form des Brustkorbs. Mögliche allergene Auslöser versucht man, mit dem Hauttest zu identifizieren.
- die Blutuntersuchung: Das besondere Augenmerk richtet sich hier auf die Werte der „Eosinophilen Granulozyten“ (= bestimmte weiße Blutkörperchen) und den IgE-Wert. Dabei handelt es sich um das Immunglobulin E, welches die Anlagerung von Allergenen (bsp. Hausstaubmilbenkot, Pollen) an die sogenannten Mastzellen erst ermöglicht (= Beginn der allergischen Reaktion).
- die Lungenfunktionsmessung: Mithilfe verschiedener Messungen kann man das Lungenvolumen, die Luftflüsse durch die Atemwege, die Blutgase und den Gasaustausch messen. Dies kann in Ruhe und unter Belastung erfolgen.
- Provokationstests: Hierbei handelt es sich um eine Überprüfung der Reaktion und Reizbarkeit der Atemwege. Letzteres ist wichtig für die die Diagnose des hyperreagiblen Bronchialsystems.
Behandlung
Die Therapie erfolgt mit nichtmedikamentösen und medikamentösen Maßnahmen. Erstere umschließen weitestgehend Tipps, wie man seine Allergene (= Allergie auslösende Stoffe) meiden kann und, wenn dies nicht möglich ist, wie man den Körper langsam daran gewöhnt (Hyposensibilisierung). Dazu gehört aber auch die Asthmaschulung (richtige Inhalationstechnik, Entspannungstechniken, Strategien im Umgang mit Asthma in verschiedenen Situationen usw.).
Die medikamentöse Behandlung stützt sich vornehmlich auf zwei Substanzklassen, die nach ihrer Wirkung unterteilt werden. Zum einen sind dies „antientzündliche“ Medikamente, die sich gegen die Entzündung der Atemwege richten, zum anderen handelt es sich um atemwegserweiternde (= antiobstruktive) Präparate.
Die Wirkstoffe werden in den meisten Fällen inhaliert.
Vorbeugung
Es gibt einige Maßnahmen, mit denen man die Wahrscheinlichkeit zu erkranken, senken kann.
Dazu gehören unter anderm:
- Rauchverzicht; besonders Kinder sollten von Rauch ferngehalten werden;
- Vorbeugung vor Infekten der Atemwege, und wenn ein Infekt vorliegt, sofort eine professionell unterstützte Therapie einleiten (Schleimlöser, Inhalieren, evtl. Antibiotika, vor der Erkrankungshauptsaison immunstärkende Medikamente gegen Infektionen der Atemwege einnehmen);
- schadstoffhaltige Luft und Staub (soweit möglich) meiden;
- Schimmelpilze aus der Wohnung fernhalten.
Ob ausschließliches und langes Stillen vor Asthma bronchiale schützt, wird kontrovers diskutiert.
Prognose
Bei der Hälfte der erkrankten Kinder heilt das Asthma mit der Pubertät aus. Günstig auf die Prognose wirkt es sich aus, wenn das Asthma rechtzeitig erkannt und adäquat behandelt wird.
Eine konsequente, längerfristige Therapie mit inhalativen Glukokortikoiden (= Medikamente, welche die Entzündungsreaktion hemmen) kann die Prognose entscheidend verbessern!
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 26.11.2009